Der im Jahr 1945 geborene Benediktinerpater Anselm Grün gilt gemäß Wikipedia mit über 14 Millionen verkauften Exemplaren als der erfolgreichste deutschsprachige Autor religiöser Bücher. Mich interessiert: Was hat er über das Glück zu sagen?
Anselm Grün gehört sicherlich zu den produktivsten Verfassern religiöser und selbsthilfebezogener Bücher weltweit. Zu seinen Veröffentlichungen zählen u. a.: „Goldene Regeln des Glücks“, „Herzensruhe. Im Einklang mit sich selber sein“ und „Was gutes Leben ist. Orientierung in herausfordernden Zeiten“. Auch mit dem Thema Glück hat sich Anselm Grün des Öfteren beschäftigt, so u. a. in dem sehr inspirierenden Büchlein „Das kleine Buch vom wahren Glück“ (Herder, hier: 2009), einer Textsammlung, der alle folgenden Zitate entstammen.
Anselm Grün über das Glück
Gleich zu Beginn, im Vorwort (wobei nicht klar benannt wird, ob es vom Autor selbst oder dem Herausgeber Anton Lichtenauer verfasst wurde), wird deutlich gemacht:
„Das Wort Glück kommt nicht oft vor in den Texten dieses Buches. Es wird nichts versprochen. Schnelle Rezepte gibt es nicht. Aber der geheime Schwerpunkt aller Gedanken ist die Überzeugung: Zum Unglücklichsein ist kein Mensch geboren. Nicht zur Angst, nicht zum Leiden an sich selber und an seiner Umgebung. Zur Freude, zur Lust am Leben, zur inneren Freiheit sind wir, eigentlich, bestimmt.“ (S. 7f.)
Wie ich finde ein sehr pointierter Gebrauch des Wörtchens eigentlich …
Weiter heißt es:
„Glück ist ein leiser Vogel. Wie der Schlaf oder ein Traum wird er nicht kommen, wenn man ihn ruft. Streck ganz ruhig die Hand aus, und es kann sein, dass er sich darauf niederlässt. Greife nach ihm, und er ist verscheucht. Bewusst und gewollt das Glück anzustreben – das bringt nichts. Glück ist kein Ziel, zu dem man sich durchboxt. Es ist Überraschung, Beigabe. (…) Glück fällt einem zu. Ganz zufällig ist es allerdings nicht. Man kann etwas tun – zum Glück. Manchmal muss man sich nur die Augen reiben. Oder die dunkle Brille absetzen, die die Wahrnehmung verdüstert.“ (S. 9)
Das Glück kommt zu Besuch
Später heißt es, und hier ist Anselm Grün nun definitiv der Verfasser:
„Je mehr wir direkt das Glück wollen, desto weniger werden wir es erreichen. Ich kann Glück nicht bewusst anstreben. Glücklich werde ich sein, wenn ich liebe, wenn mir etwas gelingt, wenn ich etwas erfahre, was mich tief berührt. (…) Wenn ich ganz in dem bin, was ich gerade tue, im Musikhören, im Wandern, im Schauen, im Schmecken, dann kommt das Glück zu mir. Ich kann nicht zum Glück kommen, um es zu erhaschen. Das Glück wird mich besuchen, wenn ich mich auf das Leben einlasse, wenn ich offen bin für das Überraschende, das das Leben für mich bereithält.“ (S. 50f.)
Nach meiner Lesart wird das Glück bei Anselm Grün als eine Art (sich freilich gut anfühlendes) Nebenprodukt eines erfüllten Lebens, einer sinnhaften Lebensführung aufgefasst. Anders als in vielen antiken Philosophieschulen ist es bei Grün offenbar kein über allem thronendes höchstes Gut und Ziel, sondern etwas Hinzutretendes, im wahrsten Sinne Beglückendes.
Glücklich im Leib
Neben der Seele oder dem Geist scheint bei Anselm Grün der Leib bzw. die Leiblichkeit eine große Bedeutung für das Glücklichsein zu spielen. So schreibt er:
„Wenn ein Kind glücklich ist, drückt es das Glück im Leib aus. Das Glück ist leibhaft. Wenn wir uns wohl fühlen in unserem Leib, ist das schon eine Ahnung von Glück. (…) Im Leib fühle ich mich glücklich, wenn ich in Beziehung bin mit meinem Leib, wenn mein Geist im Leib wohnt, wenn ich meinen Leib liebe und in diesem Leib mein Selbst.“ (S. 53)
Glück bei Grün als Überwindung des Egos?
Anselm Grün schreibt auch:
„Nun könnte mancher meinen, also sei der beste Weg zum Glück, sich selbst nicht mehr zu suchen, von sich frei zu werden. Aber schon gerät er in die gefährlichste Falle, die uns auf dem Weg zum Glück begegnet. Wir zielen doch insgeheim auf das Glück. Und wir wählen die Methode, die Glück verheißt. Wir wollen uns aufgeben. Aber wir merken gar nicht, wie in dieser Selbstaufgabe noch ganz viel Ehrgeiz steckt, wie das Ego letztlich auch dort wieder um sich selbst kreist, wo es dieses Ego endgültig aufgeben möchte. (…) Das Sich-Vergessen geschieht, indem ich mich auf etwas, auf jemanden einlasse. Wenn ich mich auf Gott einlasse, wenn ich in Gott aufgehe, dann spüre ich auf einmal mein Ego nicht mehr. Und dann bin ich glücklich, weil ich auch vergessen habe, glücklich sein zu wollen. Ich habe mich bedingungslos eingelassen.“ (S. 84f.)
An diesem Zitat wird einmal mehr der religiöse (römisch-katholische) Hintergrund Grüns deutlich. Nach meiner eigenen (Arbeits-)Definition des Glücks würde das oben beschriebene Sich-Einlassen sicherlich u. a. zur Befriedigung des Grundbedürfnisses nach Bindung (und verwandter Bedürfnisse) beitragen. Ein derartiges bedingungsloses Mich-einlassen-auf wäre sicherlich auch in einer (partnerschaftlichen) Liebesbeziehung möglich.
Nun bin ich aber gespannt, wie ihr die Zitate von Anselm Grün zum Thema Glück findet und ob ihr ihm zustimmt. Schreibt eure Meinung gerne unten in die Kommentare.
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