Im Deutschen gibt es den wunderschönen Begriff Waldeinsamkeit. Dieser färbt sogar den Schmerz der Einsamkeit in helle Farben. Der Glücksimpuls des Tages.
Der Begriff Waldeinsamkeit versucht jenes Gefühl einzufangen, ganz alleine im Wald zu sein. Natürlich wird das in einem Land mit bald 84 Millionen Einwohnern seltenst der Fall sein. Dennoch, manchmal entsteht es einfach, wenn man auf Waldpfaden wandert, fern der nächsten Ortschaft, und erstaunt feststellt, dass alles, was einen umgibt, die grünen Sprengsel des Waldes und akustisch der Gesang der Vögel ist.
Einsamkeit hat hier also nicht die üblichen negativen, traurigen Anklänge. Gemeint ist mehr ein Alleinesein. Ein Alleinesein mit mir selbst im Wald.
Das Alleinesein in der Abgeschiedenheit der Waldeinsamkeit kann erhol- und heilsam sein. Wenig verwunderlich also, dass es spätestens seit der Corona-Pandemie einen regelrechten Run auf bzw. in den Wald gab, ein grünblättrig ausgestaltetes Revival der Selbstbesinnung. Der Wald, gleich ob Laub- oder Nadelwald, entführt uns aus dem Alltag, ordnet unsere Gedanken, verbindet uns mit unserem Inneren. Schritt um Schritt kann sich unser vollgepackter Rucksack des Alltags ein wenig leeren, zumindest gefühlt. Wir können durchatmen, einatmen, waldbaden.
Waldeinsamkeit spielte als Begriff besonders in der deutschen Romantik eine wichtige Rolle. Nicht zuletzt auch bei Joseph von Eichendorff, etwa in seinem Gedicht
Waldeinsamkeit
Waldeinsamkeit!
Du grünes Revier,
Wie liegt so weit
Die Welt von hier!
Schlaf nur, wie bald
Kommt der Abend schön,
Durch den stillen Wald
Die Quellen gehn,
Die Mutter Gottes wacht,
Mit ihrem Sternenkleid
Bedeckt sie dich sacht
In der Waldeinsamkeit,
Gute Nacht, gute Nacht! –
Waldeinsamkeit, wie ich sie verstehe, bezeichnet eine gute Form der Einsamkeit. Ebenso ein Alleinesein, welches meist nur von kurzer Dauer sein wird. Und eine Stille, die in Wirklichkeit gar keine Stille ist. Ein wahrer Glücksmoment also, fragil, vergänglich, und doch so erfüllend. Probiere sie doch einfach mal aus, die besondere Einsamkeit des Waldes.
Fotos: A. Martens
Hast du auch schon Erfahrungen mit der Waldeinsamkeit gesammelt? Berichte gerne, wenn du magst, unten in den Kommentaren.
Ein Besuch unseres Freundes auf dem Waldfriedhof in Volksdorf verbinden wir immer mit einem Spaziergang durch den nahe liegenden Wald. Das macht aus unserer traurigen Stimmung genau die gegensätzliche, eine glückliche. Dann denken wir an schöne Momente zurück.