Es wird langsam Frühling. Und wer innehält und hinhorcht, vermag mit dem Gewahrwerden des fast ganztägigen Konzertes der Vögel ein zartes Momentglück zu erhaschen.
Glück muss nicht immer kompliziert sein. Nicht ausschließlich das Ergebnis langen, konsequenten Strebens. Manchmal zeigt es sich ganz unvermittelt im Hier und Jetzt. Das ist dann ein Momentglück.
Das Fiese am Momentglück ist, dass es sich meist schnell verflüchtigt. Es bleibt nicht ruhig bei uns sitzen, sondern zieht weiter.
Doch es nährt unsere Bedürfnisse nach Lustgewinn und Unlustvermeidung. Es ist ein Situationsglück. Ein Moment tiefer Freude im Alltag.
Ein solches Glück stellt für mich der Vogelgesang dar, welcher derzeit in wildem Crescendo den Frühling einleitet, einläutet, einsingt, ansingt.
Die Nächte sind noch kalt, bis hin zur Eiseskälte. Doch tagsüber bescheint die Sonne warm die wintermüden Bäume.
Die letzten großen Stürme entpuppen sich als Stürmchen, Lüftchen. Die Nacht weicht immer längeren Tagen, wird zurückgedrängt.
In diesen Umschwungstagen wird trilleriert und tralleriert, gezwitschert und gesungen. Von wenig komplex oder gar krächzig bis hin zu leidenschaftlich triumphal.
Als gäbe es kein Morgen, kein Gestern. Alles ist dieser Tag, diese Stunde, Minute, Sekunde. Dieser Moment.
Vogelgesang: vom tiefen, dunklen Bergeswald bis hin zu den flachen, grünen Ebenen. In Städten und in Dörfern. Um fünfe in der Früh und achte am Abend.
Der Gesang, so kunstvoll er teilweise auch anmuten mag, erinnert uns akustisch an die vielfach verlorene Natur, erdet, beruhigt. Verbindet uns mit ihr. Wenn wir ihn denn überhaupt in unserer Eile bemerken.
Ach, es braucht manchmal gar nicht viel, für eine Portion Glück. Ein wenig Innehalten, Hinhorchen. Offenheit.
Mit einem Lächeln im Gesicht stehen wir da, vielleicht mit geschlossenen Augen, und erfreuen uns des friedlich-heiteren Moments. Ja, das Glück ist nicht immer kompliziert.
Im Schwedischen gibt es übrigens einen feinen Begriff, der das Glück des Vogelgesangs gut einfängt: Gökotta.
Um fünfe in der Frühe, werde ich geweckt, vom Gurren der Tauben in der nahestehende Weide, lautes Liebesgegurre, sehr lautes Liebesgegurre. Dann die Enten auf dem See, wild mit den Flügeln schlagend im Liebesspiel. Der Zaunkönig beginnt sein Morgenlied, schrill und durchdringend.. Ein paar Graugänse fliegen ein und beginnen mit dem Liebesspiel, laut, lauter. Jetzt setzt die ganze Vogelschaar ein, auch die liebliche Meise (oben im Bild) kann laut sein, nein ist laut. Der männliche Buchfink singt schrill sein Liebeslied, das Rotkelchen hat auch Frühlingsgefühle und macht mit im Chor. Glück ist, ich darf es morgens um fünfe mit erleben und mich daran erfreuen.