Lesen macht glücklich (Mann auf Bank, lesend, an einem Gewässer)

Lesen macht glücklich. Schade, dass diese besondere Form lustvoller Vertiefung immer mehr von oftmals seichten, unsere Aufmerksamkeit auffressenden digitalen Medien verdrängt wird. Ein Plädoyer für das gute, alte Buch und die Macht unserer Vorstellung. Der Glücksimpuls des Tages.

Morgens in der Bahn

Morgens fahre ich mit der Bahn zur Arbeit. Insgesamt kostet mich eine Strecke zurzeit knapp eine Stunde. Ich sitze oder stehe zusammengefercht im Wagon und habe reichlich Zeit, mich umzuschauen und zu beobachten. Ich sehe einige müde Gesichter mit geschlossenen Augen. Die meisten Mitreisenden haben jedoch ihr Smartphone in der Hand. Spiele, Chats und Videos dominieren das Bild bzw. den Screen.

Ich kann mich noch daran erinnern, dass das früher anders war. Da lasen einige noch Zeitung, eine Zeitschrift oder ein Buch, meist Romane. Jetzt nicht unbedingt Kafka, Gryphius oder Erneaux, aber vielleicht Nicholas Sparks, den neuen Stuckrad-Barre oder was sonst gerade in den SPIEGEL-Bestsellerlisten stand. Heute sehe ich kaum noch Lesende.

Früher ist noch gar nicht so lange her.

Ich erinnere mich daran, dass damals (eigenwillig, dieses Wort zu verwenden) viele der Lesenden ganz versunken wirkten, mit einem versteckten, seltsam-schönen Strahlen im Gesicht. Konzentriert, fokussiert. Seite um Seite wurde umgeblättert, das Ewiggleiche um sie herum, diese werktäglich zur Arbeit strömende, grau anmutende Masse, ausgeblendet. Für Minuten entrückt, in einer anderen Welt.

Ganz unterschiedliche Menschen waren es, junge, alte, ernste, expressive, joviale, burschikose, unauffällige … Doch ihnen allen war eine gewisse Faszination eigen.

So zumindest meine vielleicht etwas nostalgische Verklärung.

Lesen macht glücklich

Sie wirkten irgendwie glücklich auf mich. Glücklicher als die meisten Menschen, die (lustlos gequält, innerlich angetrieben?) auf ihrem Smartphone herumwischen und es nicht (mehr) schaffen, eine oder zwei Minuten lang draußen den Sonnenaufgang zu bewundern. Oder eben sich länger als eine oder zwei Minuten in ein Buch zu versenken. Oder eine Zeitung, Zeitschrift und was es sonst noch alles gibt.

Lesen macht glücklich.

Na gut. Es ist sicherlich nicht die einzige Glückszutat, nicht der einzige Weg zum Glück, und alleine auch kein hinreichender. Aber offenbar vermag die Tätigkeit des Lesens etwas in uns zu sättigen, das bei vielen Menschen das stupide Rumgewische nicht vermag.

Warum macht lesen glücklich? 9 mögliche Gründe

Mir sind keine wissenschaftlichen Studien zur Auswirkung reglmäßigen Lesens auf das Glück bekannt, auch wenn es solche sicherlich zuhauf geben wird. Was ich mir aber vorstellen kann, warum lesen glücklich macht, sind u. a. folgende Gründe:

  1. Anders als beim passiven Konsum vom z. B. 100sten TikTok-Video fördert Lesen unsere Aufmerksamkeitsspanne, was uns in anderen Lebensbereichen beim Verfolgen glücksförderlicher Tätigkeiten hilft.
  2. Teilweise entrücken wir beim Lesen derart, dass wir ein Flow-Erleben haben.
  3. Lesen kann intrinsisch lustvoll sein und somit zur Befriedigung unseres Bedürfnisses nach Lustgewinn beitragen. Wer das nicht glaubt, gehe einfach mal in eine Kinderbibliothek und schaue sich um …
  4. Lesen kann auch Erinnerungen an freudvolle Erlebnisse evozieren.
  5. Lesen bildet (weiter). Damit meine ich nicht ausschließlich den Erwerb von Sachinformation, sondern z. B. auch von sozialen Fertigkeiten, die Förderung der Perspektivenübernahme und Kommunikationskompetenz, das Kennenlernen bisher unbekannter Meinungen, Ansichten und Lebenswelten, u. v. m.
  6. Lesen kann als gewissermaßen ruhige, fokussierte Tätigkeit enorm entspannen/beruhigen und stellt meines Erachtens (anders als das Fernsehen, Youtubevideos konsumieren usw.) eine aktive Form der Regeneration dar.
  7. Lesen verbindet. Auch wenn die Tätigkeit des Lesens selbst zunächst ein wenig isolationistisch erscheinen mag, verbinden wir uns über Geschichten mithilfe unserer Vorstellungskraft und Empathie mit anderen Menschen, und seien diese auch bloße Fiktion! Man denke nur an die eigene Lieblingsheldin oder -held …
  8. Lesen regt unsere Fantasie (Imagination, Vorstellungskraft) an und hilft uns dadurch, innere unbekannte Welten zu erschließen und unser Leben als Ganzes zu vertiefen.
  9. Lesen kann positive Gefühle fördern. Zugleich lernen wir in Geschichten oft etwas über den funktionalen/gesunden Umgang mit unangenehmen Gefühlen (anders als viele Nachrichten zurzeit, die geradezu so formuliert und inszeniert zu sein scheinen, dass sie Ohnmacht fördern und Selbstwirksamkeitserleben sowie Optimismus unterspülen).

Übrigens: Ich habe mir selbst vorgenommen, wieder mehr zu lesen, auch unterwegs.

Fallen dir noch weitere Gründe ein, warum lesen glücklich macht? Und würdest du der These „Lesen macht glücklich überhaupt zustimmen? Schreib deine Meinung gerne unten in die Kommentare.

Lust auf gute Laune? Dann lass dich von diesen 350 Glückswörtern inspirieren: 350 positive Wörter (Glücksimpuls Nr. 38).

Foto: Pixabay

Von André Martens

André Martens ist studierter Philosoph und Psychologe mit mehrjähriger Erfahrung im Bereich der klinischen Psychologie. Er ist der Gründer des Blogs gluecksquellen.de. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich privat und professionell mit dem Thema Glück.

Ein Gedanke zu “Lesen macht glücklich (Glücksimpuls Nr. 37)”
  1. Ich möchte dem Autor dieses Artikels (Lesen macht Glücklich) zurufen, beides geht und wenn man so will, beides macht glücklich, lesen, aber auch auf dem Handy daddeln. Facebook und Co. sollte in unserer neuen Zeit akzeptiert werden, So sollte man einem kleinen Kind zurufen, Miky Maus ja, aber nicht nur. Ich habe gerade ein Buch von Charlotte Bronte‘ Jane Eyrer , eine ganze Nacht hin durch gelesen, ich war fasziniert. Lieber Leser/in besorgen sie sich einige Bücher von den Bronte Schwestern und sie lesen selbst in einer überfüllten U-Bahn mit der von mir empfundenen Faszination.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner