Bedürfnisse bei Jeffrey Young, beispielsweise Spiel und Spaß

Jeffrey E. Young ist der Begründer der Schematherapie. Diese stellt den Begriff des so genannten Schemas in den Vordergrund und verweist auf die zentrale Bedeutung der Befriedigung von grundlegenden Bedürfnissen für die psychische Gesundheit. Welche Bedürfnisse spielen für Young eine zentrale Rolle? Und gibt es einen Zusammenhang zum Thema Glück?

Der amerikanische Psychologe und Psychotherapeut Jeffrey E. Young (*1950) begründete die so genannte Schematherapie, eine Weiterentwicklung der kognitiven Verhaltenstherapie, die jedoch auch z. B. Elemente aus der Bindungstheorie, Gestalttherapie und tiefenpsychologischen Verfahren integriert. Zentral für die Schematherapie ist das Konzept des Schemas. In einer maladaptiven (fehlangepassten) Form sind hiermit schädigende emotionale und kognitive Muster, die früh in unserer Entwicklung entstehen und (unbehandelt) unser ganzes Leben lang erhalten bleiben gemeint. Beispiele für derartige Schemata sind u. a. Verlassenheit, Misstrauen/Missbrauch, emotionale Entbehrung, Grandiosität, Unterwerfung, Negativität und emotionale Gehemmtheit. Ein guter Überblick findet sich z. B. hier. Gegenwärtig werden 18 unterschiedliche Schemata angenommen.

Neben den Schemata spielen für Youngs Schematherapie jedoch auch Bedürfnisse bzw. Grundbedürfnisse eine zentrale Rolle.

5 grundlegende emotionale Bedürfnisse bei Jeffrey Young

In seiner umfangreichen Einführung in die Schematherapie (dt.: Schematherapie: Ein praxixorientiertes Handbuch, Junfermann, 2005, S. 38f.) postuliert Jeffrey Young folgende fünf Bedürfnisse bzw. Bedürfnisgruppen, von ihm als zentrale emotionale Bedürfnisse (basic emotional needs) bezeichnet:

  1. Sichere Bindungen zu anderen Menschen (hierzu gehören auch: Sicherheit, Stabilität, nährende Zuwendung und Akzeptiertwerden)
  2. Autonomie, Kompetenz und Identitätsgefühl
  3. Freiheit, berechtigte Bedürfnisse und Emotionen/Gefühle auszudrücken
  4. Spontaneität und Spiel
  5. Realistische Grenzen setzen und selbst die Kontrolle innehaben

In dem verlinkten Artikel erläutere ich die fünf Bedürfnisse jeweils.

Young betont, dass es sich um Postulate handelt. Diese Liste von fünf Bedürfnissen basiere zwar auf Theorien anderer sowie eigenen klinischen Beobachtungen, jedoch (noch) nicht auf eigener systematischer empirischer Forschung.

Er vertritt einige meiner Meinung nach letztlich auch für die Glücksforschung interessante Thesen:

  • Maladaptive (also gewissermaßen schädliche, nicht-funktionale) Schemata entstehen in der Kindheit und Jugend durch die Nichterfüllung zentraler emotionaler Bedürfnisse (siehe oben)
  • Diese Bedürfnisse sind universell: Jeder Mensch hat sie, nur sind sie bei einigen Menschen stärker als bei anderen
  • Ein psychisch gesunder Mensch vermag sich diese Bedürfnisse auf adaptive (funktionale) Weise zu erfüllen
  • Durch ein Zusammenspiel von angeborenem Temperament und der frühen Umgebung eines Kindes/Jugendlichen (z. B. Kernfamilie) kann es zur Nichterfüllung statt Erfüllung der genannten Grundbedürfnisse kommen
  • Die Folge ist das Herausbilden besagter maladaptiver Schemata (vereinfacht gesagt: Wahrnehmungsschablonen oder „Brillen“, durch die wir die Welt betrachten und die dann unser Verhalten/Tun stark prägen)

So kann sich beispielsweise durch eine starke Frustration des Bedürfnisses nach sicherer Bindung ein Misstrauens-Schema herausbilden, das im Erwachsenenalter u. a. die Partnerschaften der betroffenen Person negativ beeinflusst. („Patienten, bei denen das Schema Mißtrauen/Mißbrauch besteht, erwarten von anderen, daß diese sie belügen, manipulieren, betrügen oder übervorteilen und in Fällen, in denen das Schema besonders extrem ausgeprägt ist, zu demütigen und zu mißhandeln oder zu mißbrauchen versuchen.“, ebendort, S. 264). Therapeutisch wäre entsprechend ein „Aufweichen“ dieses Schemas z. B. durch korrigierende Erfahrungen und traumafokussierte Techniken zielführend.

Zusammenhang der Young’schen Bedürfnisse mit dem Thema Glück?

In dem Artikel Glück: (M)eine Definition des Begriffs vertrete ich, auch in Anlehnung an Youngs Theorie und Konzepte, die These, dass Glück in einem qualifizierten Sinne mit der hinreichenden Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse zusammenhängt. Für mich persönlich gibt es demnach eine große Nähe der Themen Glück und (psychische) Gesundheit, was ich in zukünftigen Artikeln noch weiter begründen möchte.

Ich vertrete die zu Young analoge These, dass eine chronische, ausreichend starke Nichterfüllung von Bedürfnissen zu einer inneren Dysbalance und Unglücklichsein führt und so genannte Glücksstrategien entsprechend an der Erfüllung von Bedürfnissen ansetzen sollten. Für jeden Menschen sind aufgrund ganz unterschiedlicher Lebens- und Entwicklungsgeschichten unterschiedliche Bedürfnisse zentral.

Übrigens: In dem Artikel Glücksaktivitäten für ein nachhaltiges Glück stelle ich einige leicht umsetzbare Aktivitäten vor, wie sich einzelne Bedürfnisse im Hier und Jetzt besser befriedigen/erfüllen lassen.

Literatur

Wer sich für die Schematherapie interessiert, dem seien u. a. folgende Bücher empfohlen:

  • Jeffrey E. Young, Janet S. Klosko, Marjorie E. Weishaar: Schematherapie. Ein praxisorientiertes Handbuch. Junfermann, 2005
  • Gitta Jacob, Arnoud Arntz: Schematherapie in der Praxis. Beltz, 2015.
  • Eckhard Roediger: Schematherapie: Grundlagen, Modell und Praxis. Schattauer, 2016.

Foto: Pixabay

Von André Martens

André Martens ist studierter Philosoph und Psychologe mit mehrjähriger Erfahrung im Bereich der klinischen Psychologie. Er ist der Gründer des Blogs gluecksquellen.de. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich privat und professionell mit dem Thema Glück.

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