Frosch mit Geldsack

Hedonistische Tretmühle (oder auch: hedonistische Adaptation bzw. hedonistische Anpassung): Was ist darunter zu verstehen? Und welche Auswirkungen hat sie auf unser Glück?

Was die Theorie der hedonistischen Tretmühle besagt (mit Beispielen)

Die so genannte hedonistische Tretmühle, hedonistische Adaptation oder hedonistische Anpassung (von grch. hedone: Lust, Vergnügen) bezeichnet das Phänomen, dass Menschen nach einem deutlich positiven oder negativen Lebensereignis (mit entsprechender Auswirkung auf ihr gegenwärtiges Glücksempfinden) mehr oder weniger schnell zu einem bestimmten, relativ stabilen Glückslevel zurückkehren.

Zwei Beispiele zur Veranschaulichung

  1. Jemand gewinnt im Lotto eine Million Euro, freut sich darüber und beginnt einen ganz neuen, aufregenden „Lifestyle“. Gemäß der Theorie der hedonistischen Tretmühle wird diese Person nach einer gewissen Zeit ungefähr zum ursprünglichen Level des Glücksempfindens (von vor dem Lottogewinn) zurückkehren.
  2. Jemand erfährt, dass sie/er aufgrund einer Erkrankung künftig auf verschiedene Lebensmittel verzichten muss, obwohl viele davon bisher zum täglichen Speiseplan dazugehörten. Ein paar Tage, Wochen oder Monate mag dies die entsprechende Person runterziehen und deprimieren. Es wird jedoch gemäß der Theorie der hedonistischen Tretmühle der Punkt kommen, an dem die Person ungefähr zu ihrem ursprünglichen Glückslevel zurückkehrt.

Möglicherweise gibt es sogar einen Set-Point des Glück (einen festen Punkt / ein Level, zu dem man immer wieder zurückkehrt), welcher z. B. genetisch vorbestimmt ist. Neuere Forschung geht allerdings eher davon aus, dass ein solcher, wenn er denn existiert, eine gewisse Variabilität aufweist und auf alle Fälle individuell ist.

Die Rolle der Gewöhnung bei der hedonistischen Adaptation

Wodurch kommt es zu der beschriebenen hedonistischen Anpassung? Diskutiert werden in diesem Zusammenhang vor allem im weitesten Sinne Gewöhnungseffekte, wie man sie auch aus anderen Kontexten kennt. So können etwa die meisten Menschen den Geruch der eigenen Wohnung kurz nach dem Betreten derselben gut wahrnehmen (wenn sie darauf achten). Nach kurzer Zeit ist dieser jedoch bereits „ausgeblendet“, was sich evolutionsbiologisch erklären lässt. Bei den Beispielen oben (zu Lottogewinnern gibt es sogar eine klassische Studie) ließen sich auch eine Anpassung der eigenen Maßstäbe/Erwartungen an die neuen Umstände und neu angepasste soziale Vergleiche (z. B. mit anderen Wohlhabenden) diskutieren.

Was die Theorie der hedonistischen Tretmühle impliziert

Die wissenschaftlich inzwischen recht gut erforschte Theorie der hedonistischen Tretmühle hat einige Implikationen:

  • Wenn uns etwas Schlimmes widerfährt, ist eine Rückkehr zum ursprünglichen Glückslevel prinzipiell möglich, ja sogar gemäß der Theorie wahrscheinlich (siehe aber meine kritischen Anmerkungen weiter unten)
  • Unsere konkreten Lebensumstände sind weit weniger von Bedeutung für unser Glück, als wir manchmal denken mögen. Verbissen nach Reichtum, Status und Co. streben, macht also nicht per se glücklich (daher auch die Metapher einer hedonistischen Tretmühle)
  • Glück „geschieht“ gewissermaßen im Inneren

Meiner Meinung nach schwingt bei der Theorie der hedonistischen Adapatation eine wichtige Unterscheidung mit, die im Bereich der psychologischen Glücksforschung zwar oft impliziert, aber selten explizit angesprochen wird: die Unterscheidung von kurz- und langfristigen Glücksstrategien. Letztere bezeichne ich auch als „nachhaltige“ Strategien. Ja, ein Lottogewinn kann kurzfristig das Glücksempfinden pushen. Ja, bestimmte Drogen können unter bestimmten Umständen das Glücksempfinden heben. Und nein, beides sind natürlich keine nachhaltigen, langfristigen Glücksstrategien (letzteres sogar eher ein krasser Glücksfresser). Zum Thema Glück und Geld erscheinen übrigens noch weitere Artikel auf diesem Blog.

Kritik an der Theorie der hedonistischen Anpassung

Abschließend noch ein kritischer Einwand, der ausdrücklich anekdotischer Evidenz und meiner Intuition entstammt, nicht der Lektüre von wissenschaftlichen Studien. Meinem Eindruck nach können z. B. bestimmte chronische affektive Erkrankungen wie etwa Depressionen eine „natürliche“ Rückkehr zum Set-Point oder „Grundglückslevel“ massiv behindern oder gar verunmöglichen. Es wäre interesssant zu erfahren, wie die Theorie der hedonistischen Adaptation dies erklärt.

Und was sind eure Erfahrungen mit der hedonistischen Tretmühle und eure Meinungen? Schreibt sie gerne in die Kommentare.

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Foto: Pixabay & AI

Von André Martens

André Martens ist studierter Philosoph und Psychologe mit mehrjähriger Erfahrung im Bereich der klinischen Psychologie. Er ist der Gründer des Blogs gluecksquellen.de. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich privat und professionell mit dem Thema Glück.

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