Glück als Gefühl, Frau glücklich auf einem Feld
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In diesem Artikel widme ich mich der Frage, ob Glück ein Gefühl bzw. eine Emotion ist, wie es der Begriff „Glücksgefühl“ suggeriert.

Glück als Gefühl/Emotion?

Zum Einstieg eine etwas philosophische Frage:

Heißt es „Ich fühle mich so glücklich“ oder „Ich bin so glücklich“?

Und für den Fall, dass man sich für die zweite Variante entscheidet: Was genau ist mit „bin“ gemeint?

Was sich nach einer eher akademischen Fragestellung mit äußerst geringem Lebensbezug anhört, entpuppt sich auf den zweiten Blick als ziemlich spannend. Denn die Antwort hat wahrscheinlich Konsequenzen für die Wahl verschiedener Glücksstrategien und Glücksaktivitäten. „Ich fühle mich so glücklich“ legt nahe, dass Glück wesentlich eine Art Gefühl ist. Wir fühlen, spüren, empfinden, erleben es. So wie zum Beispiel auch Freude, Ärger, Traurigkeit, Angst, Wut, Scham, Schuld, Einsamkeit, Eifersucht, Liebe u. a.

Die „bin“-Variante ist schon etwas komplizierter. Auch hier kann ein Gefühlsbezug gemeint sein. Alltagssprachlich sagt man ja auch „Ich bin traurig“, „Ich bin ärgerlich“ (aber: „Ich freue mich“). Zugleich könnte ein Verständnis des Glücks jenseits eines Gefühlszustandes gemeint sein. Kompliziert … Doch noch einmal zurück zum Verständnis des Glücks als Gefühl(-szustand):

Glück würde dann zur Untergruppe der positiven Gefühle gehören (und Unglück entsprechend zu den negativen/unangenehmen Gefühlen).

Da stellt sich die Frage:

Was sind überhaupt Gefühle?

Je wissenschaftlicher die Antwort ausfallen soll, desto schwieriger und komplexer wird sie. Häufig werden die Begriffe Gefühl, Emotion und Affekt synonym verwendet. Aber nicht immer. Der etwas veraltet klingende Begriff des Affekts deutet zudem, u. a. durch seine Prägung in der klinischen Psychologie (vgl. dt. affektive Störungen / engl. mood disorders, z. B. Depressionen), eher in die Richtung einer Stimmung. Ebenso der nicht weniger veraltete Begriffs des Gemüts.

Gefühle wiederum lassen sich etwas sperrig als subjektive Bewusstseinszustände ganz unterschiedlicher Qualität und Intensität verstehen. Gefühle sind, so banal es auch klingen mag, immer mit einem Erleben verbunden. Wir können zwar Gefühle verdrängen, vermeiden usw. Doch dann haben wir in einem strengen Sinne aktuell auch keinen Gefühlszustand (allenfalls die Disposition, dass er sich wieder einstellen wird, wenn unsere Verdrängung u. Ä. endet). Trotz der subjektiven Qualität gibt es diverse physiologische, messbare bzw. beobachtbare Marker/Merkmale, die mit spezifischen Gefühlen einhergehen. Somit lassen sie sich nicht nur (subjektiv) erleben und berichten, sondern auch zu einem gewissen Ausmaß beobachten und messen. Zum Beispiel durch die Menge ausgeschütteter Hormone, bildgebende Verfahren, Analyse von Mimik usw.

Ist also das Glück auch ein bestimmter Gefühlszustand?

Was dagegen spricht, Glück als Gefühl zu verstehen

Ich glaube nicht. Zwar gibt es einen Glücksbegriff, der das Glück in die Nähe von Gefühlszuständen rückt, nämlich der des Empfindungsglücks. Mir erschließt sich dann allerdings nicht, warum es neben Freude, Stolz und anderen positiv konnotierten Emotionen auch noch das Glück geben muss. Sprich: Was ist beim Glück qualitativ anders / unterschiedlich zu anderen Gefühlen (oder gemischten Gefühlen)? Was ist das Spezifische dieser vermeintlichen Emotion „Glücksgefühl“?

Einleuchtender erscheint mir die Sicht, Glück als etwas zu beschreiben, das typischerweise mit (positiven) Gefühls- bzw. emotionalen Zuständen einhergeht, aber mehr als (nur) das ist. Dies habe ich auch in meiner persönlichen Glücksdefinition ausgeführt. Wäre Glück ein Gefühl, so wäre es tatsächlich etwas Flüchtiges (als das es von vielen Menschen ja auch alltagssprachlich verstanden wird). Es ist schwer vorstellbar, dass ein Gefühl ohne z. B. kognitive Aufschaukelungsprozesse oder aber neue Einflüsse von außen tage-, wochen-, ja monate- und jahrelang anhalten kann. Gerade dies suggeriert aber die Vorstellung von einem „glücklichen Leben“, einer „glücklichen Partnerschaft“ usw. Glück ist eben von potenziell deutlich längerer Dauer, als es Gefühle üblicherweise sein können. Auf psychologische und biologische Theorien der Gefühle/Emotionen werde ich in späteren Artikeln genauer eingehen.

Fazit: Glück mehr als bloß ein Gefühl

Zusammengefasst: Das Angenehme des Glücks ist noch nicht das Ganze des Glücks. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob Glück immer und zu jeder Zeit mit subjektiv angenehmen, lustvollen, schönen, positiven Gefühlszuständen einhergehen muss, wie ich in dem oben verlinkten Artikel näher ausgeführt habe.

Für unser Streben nach Glück spielt die Frage, ob Glück ein Gefühl ist, freilich eine Rolle. Denn wer Glück als Gefühl versteht, wird sich primär auf die Förderung (das häufigere Erleben) von positiven Gefühlen fokussieren. Wer Glück nicht (nur) als Empfindungsglück versteht, wird wohl wiederum eine etwas komplexere Strategie wählen, welche möglicherweise Aspekte wie Sinnhaftigkeit, Werte, Zielvorstellungen und psychische Grundbedürfnisse in den Vordergrund rückt – und positive Gefühlszustände als free lunch oder Nebenprodukt gerne „mitnimmt“.

Und was denkt ihr – ist Glück nichts weiter als ein Gefühl? Schreibt es gerne in die Kommentare.

Bild: Pixabay

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  • André Martens

    André Martens ist studierter Philosoph und Psychologe mit mehrjähriger Erfahrung im Bereich der klinischen Psychologie. Er ist der Gründer des Blogs gluecksquellen.de. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich privat und professionell mit dem Thema Glück.

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