Dominguear in Form eines Fahrradausflugs
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In der Rubrik „Glücksimpulse“ stelle ich regelmäßig Gedankenanstöße und Glücksaktivitäten vor, die sich leicht im Alltag umsetzen lassen oder zum Nachdenken anregen. Heute: dominguear (dt. „sonntagen“).

Unter der Woche hetzen viele von uns bildlich von Tag zu Tag, von Verpflichtung zu Verpflichtung. To-Do’s werden abgearbeitet. Die Wäsche muss gewaschen, das Geschirr gespült werden, staubsaugen nicht zu vergessen. Tagsüber heißt es arbeiten. Vielleicht gibt es ja auch noch Kinder, die versorgt werden wollen. Abends, wenn noch Zeit sein sollte, sich etwas entspannen, um dann aber rechtzeitig ins Bett zu kommen. Der Schlaf dient der notwendigen Regeneration für den nächsten Tag. So schön der gewohnte Rhythmus des Alltags auch sein kann – manchmal mag er sich ein wenig nach einer Sisyphostätigkeit anfühlen. Es hat entsprechend seinen Sinn, dass es das Wochenende und (überwiegend) freie Tage gibt. Historisch gesehen für viele Menschen in der Breite der Gesellschaft eine noch recht junge Errungenschaft …

Dominguear: Sonntagsaktivitäten nachgehen

Aus dem Spanischen stammt die heutige Glücksaktivität, das Dominguear (auch: domingueando). Dominguear bedeutet, typischen Sonntagsaktivitäten nachzugehen und hierdurch bewusst eine scharfe Grenze zwischen dem (Arbeits-)Alltag (samt weiterer Pflichten) und einer in vielen Kulturen heiligen Zeit der Ruhe, Besinnung und Entspannung zu ziehen. Abgeleitet ist das ebenso seltene wie vielleicht ein wenig konstruierte Wort dominguear vom Spanischen el domingo, der Sonntag. Als Verb ließe sich behelfsweise von „sonntagen“ sprechen (engl. sundaying).

Wenngleich in praktizierenden christlichen Gemeinschaften der Kirchgang am „Tag des Herrn“ sicherlich zu den typischen Sonntagsaktivitäten gehört, beschränkt sich dominguear ausdrücklich nicht hierauf.

Es kann beispielsweise auch bedeuten:

  • Ohne Wecker ausschlafen
  • Ohne Zeitdruck ausgiebig mit den Liebsten frühstücken oder einen Sonntagsbrunch genießen
  • Sich verbindlich und fest einen Lazy Sunday einplanen, also einfach in den Tag hineinleben und schauen, was er noch zu bieten hat (Tipp, wenn man es zur Perfektion treiben will: Liming)
  • Einen Ausflug machen, zum Beispiel eine Fahrradtour in einer weiten Landschaft, Waldbaden oder mit einem Boot fahren
  • Mit Freunden ein Picknick veranstalten oder essen gehen
  • In einem Park oder Garten ein Buch lesen
  • Ein Bad nehmen oder baden gehen
  • In die Sauna gehen
  • Eine Ausstellung oder andere kulturelle Veranstaltung besuchen
  • usw.

Hilfreich kann es gerade für Workaholics sein, das „Sonntagen“ zu einem festen Bestandteil der Woche, zu einem Ritual, zu einer „heiligen“ Zeit zu machen. Denn leider ist es ja oft so, dass wir bei Zunahme von Stress und Zeitdruck meist dort zuerst den „Rotstift“ ansetzen, wo die Quellen der Erholung und des Glücks liegen.

Übrigens: Ein bewusstes, bedürfnisorientiertes dominguear dürfte auch ein Gegengift zur von Viktor E. Frankl, dem Begründer der Logotherapie, geprägten „Sonntagsneurose“ darstellen. Diese Art Weekend Blues beschrieb er 1975, meines Erachtens ein wenig pessimistisch, wie folgt:

Am Sonntag, während des Weekends, wenn die wochentägliche Betriebsamkeit innehält, kommt einem das Sinnlosigkeitsgefühl nur um so mehr zum Bewußtsein. Das hat eine typische Depression zur Folge, eben die sogenannte Sonntagsneurose. Und die nimmt anscheinend zu. Hat doch das Institut für Demoskopie in Allensbach feststellen müssen, daß es 1952 26 Prozent waren, denen an Sonntagen die Zeit so lang wird, während es heute (1975, A. M.) 37 Prozent sind. Analoges gilt von der Pensionierungskrise, dem psychosomatischen Verfall bei Menschen, die außer der Arbeit kaum einen Lebensinhalt gekannt haben und, entlastet vom Druck beruflicher Verpflichtungen und konfrontiert mit der Leere in sich, einfach zusammensacken.

Viktor E. Frankl, Das Buch als Therapeutikum

Dominguear zahlt potenziell gleich auf mehrere Grundbedürfniskonten ein: Spiel & Spaß, Sinnerleben, Erholung & Regeneration, Gemeinschaft / Verbundenheit / Zugehörigkeit u. v. m.

Und was haltet ihr vom „Sonntagen“? Schreibt es gerne unten in die Kommentare.

Fotos: Pixabay

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  • André Martens

    André Martens ist studierter Philosoph und Psychologe mit mehrjähriger Erfahrung im Bereich der klinischen Psychologie. Er ist der Gründer des Blogs gluecksquellen.de. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich privat und professionell mit dem Thema Glück.

Ein Gedanke zu “Dominguear – „sonntagen“, „Sonntagsaktivitäten nachgehen“ (Glücksimpuls Nr. 10)”
  1. zu der Aufzählung könnte man noch das Gartenbaden hinzufügen. Blumen anschauen, Erde anfassen. Auch das Gänseblümchen will bewundert sein.
    Danke für den gut geschriebenen Artikel.

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