Lebensfreude am Beispiel einer fröhlichen Frau, die im Meer badet

Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Frage, was Lebensfreude ist und wie sie sich steigern lässt. Dabei werden sowohl „positive“ als auch „negative“ Strategien zur Erhöhung der Lebensfreude vorgestellt.

Was ist Lebensfreude? (Definition)

Lebensfreude ist die Freude am eigenen Leben.

Die Wikipedia-Definition fügt noch hinzu: „das subjektive Empfinden der Freude am eigenen Leben“. So einfach, so gut.

Schaut man jedoch mal etwas genauer hin, ergeben sich ein paar Fragen.

Was genau ist mit „Leben“ gemeint? Ist gemeint, dass ich mich freue, zu leben, also am Leben zu sein? Oder ist gemeint, dass ich ein so-und-so geartetes Leben habe, über das ich mich freue bzw. an dem ich Freude empfinde?

Also: Freude an meinem Existieren (manchmal als Daseinsfreude bezeichnet) oder Freude an der Qualität meines Lebens?

Ich denke, dass die meisten Menschen eher letzteres mit der Lebensfreude und dem zugehörigen Adjektiv lebensfroh verbinden.

Lebensfreude als das Gegenteil depressiven Erlebens?

Recherchiert man ein wenig, so wird Lebensfreude häufig mit Leichtigkeit, Fröhlichkeit, Heiterkeit, Spaß, Vitalität und dem Glück in Zusammenhang gebracht. Lebensfreude stelle das gegenteilige Empfinden zu einem depressiven Erleben dar. Dabei wird wohl auf zwei von drei Hauptsymptomen einer klinischen Depression Bezug genommen: die gedrückte, depressive Stimmung, und die so genannte Anhedonie (die Unfähigkeit, Freude bzw. Lust zu empfinden, Verlust von Freude).

Auch wenn es zunächst einmal plausibel klingen mag, Lebensfreude als Gegenpol zu depressivem Erleben aufzufassen, gerät diese – auch bei Wikipedia angeführte – Position bei genauerem Hinsehen etwas in Schieflage. Auch wenn Anhedonie ein dauerhafter bzw. längerfristiger Zustand sein mag, bezieht sie sich auf die Unfähigkeit, situativ Freude bzw. Lust zu empfinden, während sich die depressive Stimmung auf einen (deutlich) länger anhaltenden emotionalen Zustand, eben eine Stimmung, bezieht.

Trotzdem finde ich diese Gegenpol-These recht elegant. Denn Lebensfreude würde in diesem Sinne als eine Art Stimmung weit über eine Emotion oder ein Gefühl, das typischerweise relativ kurz (und oft intensiver) ist, hinausgehen. Sie wäre insofern mehr verwandt mit längerfristigen „mentalen Zuständen“ wie beispielsweise Glück und Liebe als mit „kurzlebigen“ Gefühlen wie z. B. Freude.

Als Metapher: Wenn Freude ein sonniger Morgen ist, ist Lebensfreude ein Hochdruckgebiet oder eine positive Großwetterlage.

Ich würde zudem behaupten, dass Lebensfreude nicht einfach nur ein positives Empfinden ist, sondern sogar eine Art Fähigkeit. Nämlich die Fähigkeit, tiefe Freude, Zufriedenheit, Wohlbefinden usw. aus dem Leben zu schöpfen, die uns sonst weniger oder gar nicht zugänglich wären, wie es etwa bei einer sehr schweren Depression der Fall sein kann.

Im Bild gesprochen: Lebensfreude befähigt uns, die Farben des Lebens intensiver zu erleben.

Lässt sich Lebensfreude steigern?

Kurze Antwort: Ja, Lebensfreude lässt sich steigern bzw. fördern. Dabei sollte man allerdings nicht erwarten, durch bestimmte „Techniken, Tricks und Tipps“ die Lebensfreude direkt zu erhöhen. Ich glaube vielmehr, dass es vor allem darum geht, sie einerseits zulassen zu können und andererseits den Boden zu „bestellen“, in dem sie gut gedeihen kann.

Dabei scheint es zwei Wege zu geben, die natürlich idealerweise kombiniert werden: einen negativen (etwas wird weggenommen/beseitigt) und einen positiven (etwas wird hinzugefügt/erlangt).

Wie lässt sich Lebensfreude erhöhen?

Der „negative“ Weg

Der negative Weg zeichnet sich dadurch aus, dass Hindernisse auf dem Weg zur Lebensfreude beiseite geschafft werden. Man beseitigt also quasi Lebensfreude-Reduzierer.

Hier einige Beispiele für Lebensfreude-Reduzierer:

  • Starke Selbstzweifel
  • Starke Zukunftssorgen
  • Akute Belastungen, auf die man aber noch potenziell einen gewissen „gestaltenden“ Einfluss hat (z. B. finanzielle Nöte, Beziehungskrisen)
  • Traumata/Verletzungen bzw. deren Auswirkungen
  • Überzogene, unrealistische Ziele und Erwartungen

Es gibt wohl auch noch eine „Sonderkategorie“ von Lebensfreude-Reduzierern, nämlich Ereignisse, auf die wir keinen oder fast keinen Einfluss haben und die trotzdem etwas mit uns machen – nämlich uns nach unten ziehen und das Empfinden von (Lebens-)Freude erschweren oder verunmöglichen. Das sind beispielsweise Trauerfälle, Unfälle, Naturkatastrophen usw. Hier geht es weniger um eine Hindernis-Beseitigung, als um einen funktionalen, „verarbeitenden“ Umgang mit den „Wechselfällen des Schicksals“.

Wie kann man an diesen Themen „arbeiten“? Das hängt sicherlich davon ab, wie stark die Lebensfreude-Reduzierer ausgeprägt sind. Bei starker, dauerhafter Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben und/oder depressiven Zuständen sollte in jedem Fall ärztlich abgeklärt werden, ob eine professionelle Behandlung (z. B. psychotherapeutisch) angeraten ist. Im Rahmen von Therapien und – meist bei begrenzteren und nicht-klinischen Problemen – Coachings oder Beratungen können Strategien entwickelt werden, das positiv zu verändern, was in meiner Macht steht, und das zu akzeptieren bzw. einen Umgang zu finden, was ich nicht ändern kann, wie es sinngemäß im bekannten Gelassenheitsgebet heißt.

Dieser negative Weg lässt sich wohl als Sonderfall der Unlustvermeidung verstehen: Unlust wird reduziert, damit Lust/Freude wieder ungestört wachsen können.

Bei aller Bedeutung dieser Hindernisbeseitigung glaube ich, dass dies allein noch nicht ausreichen wird, um mehr Lebensfreude zu empfinden. Diese ist mehr als nur die Abwesenheit von Depressivität u. Ä. (was ja einfach ein „nur“ neutraler Gemütszustand sein könnte).

Etwas kommt noch hinzu, egal, wie sie beim Einzelnen empfunden und ausgedrückt wird. Ob als purer Überschwang (siehe weiter unten: joie de vivre), Euphorie und Ekstase, oder aber stiller und verborgener. Der Lebensfreude passen viele Gewänder.

Aber was genau kommt bei ihr noch hinzu?

Der „positive“ Weg

Der positive Weg zur Lebensfreude, wie ich ihn nennen möchte, zielt darauf ab, die Anzahl positiver Emotionen und Erlebnisse in unserem Leben zu erhöhen und diese schließlich zu einem großen positiven Stimmungsteppich zu verweben. Er hat somit Bezüge zum Grundbedürfnis nach Lustgewinn.

Wie geht das?

Hier ein paar Ideen:

  • (Mehr) Dinge (häufiger) tun, die mir Spaß bereiten und mich in der Vergangenheit meist in eine gute Stimmung versetzt haben. Was das konkret ist, ist sehr individuell. Hier einige Beispiele: tanzen gehen, essen gehen, sich einen schönen Blumenstrauß binden lassen, ein Konzert besuchen, Karaoke singen, Freunde treffen, Tiere beobachten, mit Kindern spielen, Sport treiben, einen lustigen Film angucken. Die Liste ist unendlich lang und, wie gesagt, immer individuell. In dem Artikel „Glücksaktivitäten für ein nachhaltiges Glück“ habe ich noch viele weitere Ideen, sortiert nach Grundbedürfnissen, gesammelt (insbesondere Abschnitt C). Inspirieren könnte auch der Artikel „Glücksmomente: 33x Glück“.
  • Ein Dankbarkeitstagebuch oder Positivtagebuch führen (im Internet finden sich zahlreiche Vorlagen)
  • Bewusst Genuss in meinen Alltag einbauen und meine Genussfähigkeit trainieren. Vielen Menschen, die wenig Lebensfreude empfinden, fällt dies ausgesprochen schwer. Doch die frohe Botschaft lautet: Genuss ist erlernbar. Schritt für Schritt. Wie wäre es mal mit einem Schaumbad, dem Lieblingsgericht oder einer Massage?
  • Ganz wichtig: Positive soziale Kontakte pflegen und/oder ausbauen. Kein Mensch ist eine Insel. Freude ist doppelt so schön, wenn sie geteilt wird

Ein sehr empfehlenswertes Buch zum Thema positive Gefühle und wie man sie steigert stammt von der renommierten Psychologin Barbara L. Fredrickson: Die Macht der guten Gefühle: Wie eine positive Haltung Ihr Leben dauerhaft verändert (Campus), insb. Kapitel 9 & 10.

Das Wichtigste beim positiven Weg: geduldig bleiben und stetig. Wer nicht hetzt, dafür aber Schritt für Schritt macht, wird mit der Zeit belohnt.

Lebensfreude auf dem Jahrmarkt

Lebensfreude: Abgrenzung zum Glück

Sind Lebensfreude und Glück identisch? Ich denke nicht. Wie der Name schon sagt, fokussiert sie vor allem das Freudvolle des Lebens (oben sprach ich ja bereits von Unlustvermeidung und Lustgewinn oder -steigerung), während das Glück, nach meiner persönlichen Auffassung, mehr als nur das ist (also mehr als nur ein positiver Gefühlszustand). Lebensfreude ermöglicht quasi einen Dauerüberweisungsauftrag auf das „Konto“ des Grundbedürfnisses Lustgewinn. Doch Menschen haben ja auch noch andere Bedürfnisse, z. B. nach Bindung, Selbstbestimmung, Kontrolle usw.

Aus Platzgründen habe ich unten einige weitere Artikel verlinkt, die noch näher auf die Frage eingehen, was Glück ist.

Joie de vivre: Lebensfreude und Kultur

Zugegeben, es mag sich ein wenig klischeehaft anhören, aber vielleicht unterscheidet sich der Ausdruck von Lebensfreude, also wie sie sich zeigt, stark von Kultur zu Kultur. Man denke hierbei nur an (das Klischee) französisch überbordender Freude am Leben mit all seinen Genüssen! (Hiermit habe ich mich übrigens bereits im Artikel „Bonvivant: Sind „Genussmenschen“ glücklicher?“ ein wenig näher auseinandergesetzt.)

Dazu gibt es sogar einen Ausdruck, der international eine gewisse Verbreitung gefunden hat: joie de vivre (dt. Lebensfreude, engl. joy of life / joy of living).

Die Glückspsychologin Megan C. Hayes schreibt über die joie de vivre: „Diese spezielle Wendung bezeichnet die Begeisterung über die eigene Existenz und hat längst die Herzen aller erobert, die diesen Ausdruck in ihre eigene Sprache übernommen haben. Was diese Wendung so umwerfend französisch macht, ist die ihr innewohnende Erkenntnis, dass es beim Sinn des Lebens nicht um Zweckmäßigkeit, sondern um Leidenschaft geht. Bei der Joie de vivre geht es weniger darum, einen pragmatischen Grund am Leben zu finden, sondern darum, Freude an dieser Reise zu haben. (…) Das Wichtigste an der Joie de vivre ist, sie als eine Lebenseinstellung zu betrachten – und nicht als etwas, das(-) uns entgegengebracht wird. Lebensfreude erfahren und genießen ist eine aktive Tätigkeit.“ (Aus: Atlas of Happiness: 50 Glücksgeheimnisse aus aller Welt, Knesebeck, S. 109)

Zusammenfassung

Lebensfreude scheint weit mehr als einfach nur ein kurzzeitiges Gefühl zu sein. Sie ist eine positive Großwetterlage. Der Begriff findet sich in vielen Sprachen (z. B. als joie de vivre im Französischen), was darauf hindeutet, dass es sich um ein allgemeinmenschliches Phänomen handelt, das weltweit, kulturübergreifend verbreitet ist, auch wenn sie jeweils anders ausgedrückt werden mag. Sie ermöglicht es uns, die Farben des Lebens noch intensiver zu empfinden und zu genießen. Und sie lässt sich steigern. Dabei habe ich zwei miteinander kombinierbare Strategien vorgestellt: eine negative, die Lebensfreude-Reduzierer beseitigt, und eine positive, die angenehme/positive Gefühle usw. fördert. Auch wenn sich die Freude am Leben nicht erzwingen lässt, können wir ihr, bildlich gesprochen, einen guten Boden zum Gedeihen bestellen. Viel Freude dabei!

Schreibt, wenn ihr mögt, eure ganz persönlichen Lebensfreude-Booster gerne unten in die Kommentare.

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Vater und Sohn singend voller Lebensfreude

Fotos: Pixabay

Von André Martens

André Martens ist studierter Philosoph und Psychologe mit mehrjähriger Erfahrung im Bereich der klinischen Psychologie. Er ist der Gründer des Blogs gluecksquellen.de. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich privat und professionell mit dem Thema Glück.

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